Tierheime während Corona: Interview mit dem Augsburger Tierheim

Tierheime während Corona

Die Corona-Pandemie und die Maßnahmen der Regierungen zur Eindämmung des Virus beeinflussen unser aller Leben drastisch. Jeder Mensch ist betroffen und mit den Konsequenzen konfrontiert, privat, beruflich und gesundheitlich. In einer Artikel- und Interview-Serie zu diesem Thema möchte ich über die Folgen berichten für Tiere und Tierheime. Im heutigen Interview hat sich Sabina Gaßner vom Augsburger Tierheim Zeit genommen und unsere Fragen beantwortet.

Danke dass Sie sich die Zeit nehmen für unser Interview! Bitte stellen Sie sich und Ihr Tierheim kurz vor.

Abholung einer Katze zu Coronazeiten

Die Abholung einer Katze zu Coronazeiten

Das Augsburger Tierheim ist eine traditionsreiche Einrichtung, die gleich nach dem Zweiten Weltkrieg eröffnet wurde. Damals vor allem für streunende Hunde. Seitdem hat sich der Anspruch an den Tierschutz stark verändert – Gott sei Dank. Das hängt natürlich mit der enorm steigenden Zahl von Haustieren, dem großen Geschäft das dahintersteht, aber auch mit einer höheren Sensibilität gegenüber anderen Lebewesen zusammen. Letzteres kommt heute nicht nur Katzen und Hunde zugute, sondern immer mehr Menschen denken auch an die sogenannten „Nutztiere“ und Tiere in Laboren aller Art. Selbst gegenüber freilebenden Tieren steigt das Interesse. Auch die Konflikte nehmen (leider) stark zu.
Das Augsburger Tierheim ist Schritt für Schritt mitgewachsen und hat sich vor allem seit den späten 1990er Jahren professionalisiert.
Heute arbeiten etwa 40 Haupt- und Ehrenamtliche täglich beim Tierschutzverein mit. Davon eine Tierärztin, sechs Tierpflegerinnen und zwei Verwaltungsleute. Etwa 2.000 Tiere finden im Augsburger Tierheim jährlich Zuflucht und die meisten werden auch wieder entlassen. D. h. in ein neues Zuhause vermittelt oder in die Freiheit entlassen.

Die Epidemie hat wohl auch direkt Auswirkungen auf die Tierheime. Man hört einerseits von einer Zunahme der Haustierabgaben, weil Menschen erkranken, andererseits scheint auch die Nachfrage insb. nach Kleintieren zu steigen. Wie sieht die Situation bei Ihnen aus?
Noch gibt es keine Zunahme von Tierabgaben, aber wir rechnen stark damit – wenn die Betriebe wieder normal arbeiten, die Leute wieder in Urlaub fahren und auch ansonsten wieder andere Freizeitmöglichkeiten vorhanden sind. Dann stören die neuen Familienmitglieder oft. Besorgniserregend ist der irreguläre Handel mit Welpen – oft aus dubiosen Quellen, tierquälerisch „erzeugt“ und unter katastrophalen Bedingungen in Umlauf gebracht.
Vor allem lehnen wir den Onlinehandel ab. Ein schneller Klick und zack ist das Geschäft gemacht. Die neuen Besitzer*innen sind sich oft gar nicht im Klaren darüber, auf was sie sich einlassen und dass sie damit Tierquälerei fördern. Für die Händler*innen ist das ein schnelles Geschäft.

Befürchten Sie, dass Menschen die Verantwortung und den zeitlichen Aufwand auf langfristige Sicht unterschätzen, wenn sie sich gerade in Lockdown-Zeiten ein Tier anschaffen?
Ja klar. Den zeitlichen, den finanziellen, räumlichen, ggf. rechtlichen und auch den emotionalen Aufwand, den zum Beispiel ein Hund für die nächsten 10 bis 20 Jahre mit sich bringt ist vielen nicht bewusst.
Wie können Sie dem begegnen? Aufklärung, Warnungen, Aufklärung, Warnungen …

Gibt es denn auch Folgen der aktuellen Situation für Haustierbesitzer direkt? Das Gassigehen ist während verhängter Ausgangssperren weitestgehend erlaubt, auch die Läden für Tierbedarf dürfen in der Regel öffnen. Quarantäne-Situationen können allerdings eine besondere Herausforderung sein, wenn man Kontaktperson ist oder selbst erkrankt. Wie kommen Tierbesitzer Ihrer Meinung nach durch die Krise?
Tierbesitzer*innen brauchen mit und ohne Pandemie immer einen Plan B. Wer niemanden hat, der oder die sich bei Notfällen oder Urlaubszeiten um das Tier kümmert, sollte sich die Anschaffung wirklich ganz genau überlegen. Das kann dann sehr schmerzhaft und/oder teuer werden. Viele Tiere geraten in schwierige Situationen, weil sich ihre Halter*innen nicht um sie kümmern können.

Die finanzielle Situation ist bei vielen Menschen angespannt. Das dürfte sich auch auf die Spendenbereitschaft auswirken. Außerdem waren und sind viele Veranstaltungen nicht möglich, wie sie typischerweise von Tierheimen durchgeführt werden: Spendensammlungen, Tag der offenen Tür, Vereinsfeste. Wie gut gelingt es Ihnen, diese Ausfälle aufzufangen?

Tierschutzverein Augsburg

Tierschutzverein Augsburg und Gut Morhard

Das Spendenaufkommen ist natürlich stark zurückgegangen, hat aber nie ganz aufgehört. Vor allem fehlen Spontanspenden bei Veranstaltungen oder Besuchen zu regulären Öffnungszeiten. Seit einem Jahr kann die Öffentlichkeit nur mit Termin ins Tierheim kommen. Das erschwert natürlich den Alltag enorm und die kleinen Spontanspenden unserer vielen Besucher*innen fallen weg. Auch Veranstaltungen zugunsten der Tierheimtiere, z. B. Schulbazare oder Sommerfeste sind ja komplett weg gefallen. Schmerzlich.
Wir versuchen die Kosten so gut es geht zu senken und bauen auf Freunde*innen und Mitglieder, die uns auch in den vergangenen Jahren gut unterstützt haben. An dieser Stelle auch gleich ein herzliches DANKE!

Wie kann man Sie und Ihre Arbeit unterstützen?
Im Moment vor allem durch das Teilen unserer Meldungen (Warnung, Aufklärung, Warnung, Aufklärung … wie gesagt) und Posts auf Instagram, Facebook und TikTok und Spenden natürlich. Auch kleine Beträge helfen sehr.

In diversen Einzelhändlern gibt es Spendenboxen, in die Tierfreunde*innen dort gekauftes Futter und Zubehör zugunsten des Tierheims ablegen können – auch das hilft.

Spontanbesuche sind jetzt nicht möglich und wir denken das wird noch eine ganze Zeit lang so weitergehen. Wir freuen uns aber zum Beispiel auf das nächste (mögliche) Sommerfest, vielleicht im September auf Gut Morhard oder dann 2022, an dem sich Initiativen und passende Firmen/Betriebe beteiligen, eine Spendendose für unsere Einrichtungen aufstellen – das geht natürlich auch ohne Fest -, gerne ihr tierfreundliches Produkt verkaufen und/oder bewerben und uns auch zukünftig wohlgesonnen sind.

Vielen Dank für das Gespräch!

Kommentar oder Frage hinterlassen